Bildung braucht Bindung

Das Kinderzentrum der Lebenshilfe Dillenburg feiert Jubiläum: Seit 25 Jahren haben die interdisziplinäre Frühförder- und Beratungsstelle sowie die integrative Kindertagesstätte einen gemeinsamen Standort in Burg. Dort bieten sie eine „bestmögliche Begleitung ins Leben“, wie Lebenshilfe-Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Raab am Donnerstagabend im Bürgerhaus in Burg anmerkte. Dorthin hatte das Kinderzentrum zu einem Themenabend rund um Bindung und Bildung eingeladen.

„Wir danken den Eltern dafür, dass sie uns in all diesen Jahren das Kostbarste anvertrauen, was sie haben: ihre Kinder“, betonte Raab. Schon in den Anfängen der Lebenshilfe Dillenburg habe sich mit der Einrichtung eines sogenannten Sonderkindergartens im „Haus Schauinsland“ die Arbeit mit behinderten Kindern als wichtiger Teil der Vereinsarbeit abgezeichnet. Anfang der 80er Jahre ging es dann weg von der Sondereinrichtung hin zur integrativen Betreuung: „Heute etwas Selbstverständliches, damals ungewohntes Neuland.“

Der erhöhte Bedarf und der nicht mehr ausreichende Platz am Forstdenkmal sorgten schließlich 1991 für eine Zusammenlegung der beiden Einrichtungen an einem neuen Standort. Nach anfänglichen Widerständen sei das Kinderzentrum im Dorfzentrum in Burg auch von der Bevölkerung gut akzeptiert und geschätzt worden. Heute werden dort insgesamt 236 Kinder betreut, 153 durch die interdisziplinäre Frühförderung, 83 in der integrativen Kindertagesstätte. Kinder brauchen Bindungen – diesen Ansatz vertritt das Kinderzentrum seit jeher.

Kinderzentrum; Jubiläum; Sckell; Bindung

Wie wichtig Bindungen sind, verdeutlichte Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin Mechthild Sckell, Leiterin der Familienberatungsstelle des Albert-Schweitzer-Kinderdorfes, anhand ihres Fachvortrags „Wie Kinder lernen – Frühe Bindung als Voraussetzung für Bildung?“. Darin führte sie auf, was Kinder vor allem in den ersten zwölf Monaten benötigen, um sich optimal zu entwickeln: mindestens eine Bezugsperson, die Bindung schafft. Sprich: die mit dem Kind auf verbaler und non-verbaler Ebene kommuniziert, Nähe und Wärme spendet, Sicherheit vermittelt. Gibt es diese frühen Bindungen nicht, können Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwächen die Folge sein. „Denn Interaktion und Feinfühligkeit formen das Gehirn des Kindes“, erläuterte die Expertin vor rund 80 Zuhörern, darunter zahlreichen Kooperationspartnern des Kinderzentrums wie Kinderärzten, Ergo- oder Physiotherapeuten und Logopäden. Ebenfalls zugegen waren Klaus Gerhard Schreiner (Leiter der Abteilung Soziales und Integration) vom Lahn-Dill-Kreis und die Herborner Stadträtin Sigrid Winkler.

„Ist ein Kind gut gebunden, kann das Lernverhalten gelingen“, erklärte Sckell weiter. „Hat es zu Hause eine sichere Basis, kann es sich gut konzentrieren und lernen.“ Für schulischen Erfolg sei es jedoch auch wichtig, das Kind von Stress und Druck zu befreien und stattdessen mit Zuversicht zu erfüllen: „Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will“, zitierte sie abschließend Rabelais.