Fast vier Jahrzehnte lang war er für viele Menschen mit Behinderung der Mann hinterm Steuer und eine verlässliche Konstante auf Reisen: Lothar Klein aus Simmersbach. Von 1987 bis 2025 begleitete der heute 73-Jährige unzählige Gruppen der Lebenshilfe Dillenburg auf Reisen – und prägte dabei vor allem eines: die Urlaubsfahrten nach Viums in Südtirol. Ende August endete diese Ära: Vom 24. August bis zum 1. September bot er zum letzten Mal die große Fahrt in den kleinen Ferienort nahe den Dolomiten an. „War schon alles ne schöne Zeit“, sagt er rückblickend.
Von 1992 bis 2019 führte er das Busunternehmen Schick & Klein. Mit Groß- und Kleinbussen war er im Auftrag der Lebenshilfe fast täglich unterwegs: sei es für die Fahrten der Werkstattbeschäftigten oder für große Freizeitreisen. Dabei entwickelte sich eine enge Bindung – sowohl zu Bernd Scheftlein, dem früheren Leiter der Werkstätten, und Rainer Pliska, dem ehemaligen Lebenshilfe-Geschäftsführer, als auch zu den zahlreichen Menschen mit Behinderung, die er über Jahrzehnte hinweg begleitete.
Als Klein vor 38 Jahren zum ersten Mal mit 30 Menschen mit Behinderung in das kleine Dorf mit damals gerade einmal 90 Einwohnern oberhalb von Brixen reiste, wusste er noch nicht, dass sich daraus eine feste Tradition entwickeln würde. „Wir sind dort sehr gut aufgenommen und immer herzlich behandelt worden“, erinnert er sich. Besonders die Wirtin Paula wurde für viele Teilnehmende und für Klein selbst zu einer vertrauten Bezugsperson.
Mit den Jahren wurde Viums zum Herzensziel – nicht nur wegen der idyllischen Natur am Eingang zum Pustertal, sondern auch wegen der Nähe zu den Dolomiten, die für Ausflüge und Wanderungen schnell erreichbar waren. Klein passte die Programme stets an: Die einen liefen größere Strecken, die anderen wurden mit dem Bus bis zu einem Aussichtspunkt gebracht. So war für alle etwas dabei.
Klein war nicht nur Fahrer, sondern manchmal auch Zuhörer, Programmgestalter, Reiseleiter – und DJ. Etwa auf den zehn Stunden langen Fahrten nach Südtirol. Wollten die Betreuten Stimmungsmusik von den Kastelruther Spatzen oder den Zillertaler Schürzenjägern, bekamen sie sie auch.
Nicht immer verlief alles glatt: „Da ging auch schon mal unterwegs bei einem Betreuten was in die Hose – da half uns dann kurzerhand ein Bauer mit einer Ersatzhose aus“, erzählt Klein lachend. Andere Situationen waren ernster: Drei medizinische Notfälle mussten er und die Betreuer etwa während eines einzigen Aufenthalts meistern. Zum Glück jedoch immer mit einem guten Ende.
Besonders ins Herz geschlossen hat er einige Reisende wie Michi Hassler oder Hans Salmen. „Von Menschen mit Behinderung habe ich vor allem Geduld und Lebensfreude gelernt – das erlebt man so nur bei der Lebenshilfe“, sagt er. Zu den besonderen Höhepunkten zählten eine Kutschfahrt, Poolpartys oder der sogar der Besuch bei einem Mitglied der der Kastelruther Spatzen.
Neben seiner Arbeit für die Lebenshilfe war Klein immer schon leidenschaftlicher Motorradfahrer und Weltenbummler – und ist es auch heute noch. Das Nordkap fehlt ihm noch auf seiner persönlichen Landkarte. Doch nun ist zumindest hauptberuflich Ruhestand angesagt, auch aus gesundheitlichen Gründen will er kürzertreten.
Ganz loslassen will er aber nicht: „Die große Viums-Fahrt ist Geschichte. Aber zu der einen oder anderen Kleinbus-Tour lasse ich mich vielleicht noch gern überreden.“