„Night Fever. Night Fever. We know how to do it.“ Sie wippen mit der Hüfte, strecken den Arm in die Höhe. Wie John Travolta im Kultfilm „Saturday Night Fever“. In der ersten Reihe vor der Spiegelwand steht Tanzlehrerin Stefanie Bertscheit. Rundherum: strahlende und schwitzende Gesichter.
Dies ist bereits der siebte integrative Tanzkurs, den die Dillenburger Tanzschule Bös in Kooperation mit dem Familienentlastenden Dienst (FeD) der Lebenshilfe Dillenburg anbietet. Menschen mit und ohne Behinderungen tanzen dort an acht Abenden wie selbstverständlich miteinander. Von Berührungsängsten keine Spur. Für die meisten ist das nicht der erste gemeinsame Kurs.
„Ich war letztes Jahr auch schon hier“, erzählt Jens Hartmann. Trotz seiner starken Sehschwäche gelingt es ihm, sich beim Tanzen zu orientieren. „Hier macht es mir Spaß. Am meisten der Discotanz. Der mit ,Hey hey‘. Aber auch der Mambo. Das geht so: Hacke, Spitze, Hacke, Spitze.“ Ein Ehepaar betritt den Raum und klopft Jens Hartmann auf die Schulter. „Na Jens, wie geht’s?“ Er grinst. „Guuuut.“
Neben verschiedenen Partytänzen wie zu Lou Begas „Mambo No.5“ oder „Night Fever“ von den Bee Gees lernen die Teilnehmer die Grundschritte für den langsamen und den Wiener Walzer sowie für den Merengue. „Ich achte schon darauf, dass es nicht zu kompliziert wird“, erklärt Stefanie Bertscheit. „Discofox und Cha-Cha-Cha wäre zum Beispiel nicht möglich.“
Auf den Schwierigkeitsgrad der Tänze kommt es beim integrativen Tanzkurs aber auch gar nicht an. „Sondern auf den Spaß“, betont die 45-Jährige, die 1991 die Tanzschule von ihrem Großvater übernommen hatte. Das Tanzen wurde ihr in die Wiege gelegt, der Spaß daran auch. Mit Turniertanz kann sie gar nichts anfangen. „Das ist mir zu künstlich“, erklärt sie.
Was unterscheidet diesen etwas anderen Kurs noch von ihren anderen Angeboten? „Der Umgang hier ist sehr locker, wir sind hier direkt per du. Und ich erkläre Bewegungsabläufe ein bisschen anders.“ Zum Beispiel „Wolle wickeln“: So nennt sie es, wenn sie ihre Hände in Brusthöhe umeinander kreisen lässt.
Nicht nur die Teilnehmer haben an dem Kurs Freude, die Tanzlehrerin selbst auch. „Wenn die anderen schon mit einem Strahlen hereinkommen, das ist einfach schön.“ Und auch die Eigenheiten ihrer Tänzer weiß sie zu schätzen. „So haben wir auch ein paar Damen, die sich vorm Spiegel gern die Haare richten und dabei ganz vergessen weiterzutanzen. Das ist schon bemerkenswert.“
Tanzen bringt laut Stefanie Bertscheit die Menschen zusammen. „Sie gehen zusammen weg, verbringen ihre Freizeit miteinander“, sagt sie. „Und darüber hinaus ist es sehr gesund. Bis ins hohe Alter hinein.“
Der integrative Tanzkurs ist eine von derzeit drei Kooperationen des Familienentlastenden Dienstes und fand im Jahr 2015 bereits zum siebten Mal statt. Weitere Kooperationspartner sind die Krankengymnastik-Praxis Stiehl (Haiger) und der Fitness-Club Popey (Haiger). Das Betreuungsteam des FED besteht zurzeit aus 28 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zu ihren Aufgaben zählen die Durchführung von Gruppen-Freizeitangeboten an zwei Wochenenden im Monat, der Besuch der Handicap-Disco einmal pro Monat sowie Einzelbetreuungen in Absprache mit den Familien. Personen, die sich für die Mitarbeit in diesem Bereich interessieren, sind jederzeit herzlich willkommen. Eine weitere Aufgabe des FeD ist die Beratung und Hilfe bei Anträgen zur Kostenübernahme der Betreuungen.