“Lena ist eine vollwertige Kollegin”

„Hi.“  Lena Nasartschuk reicht ihrem Besucher die Hand und zupft ein wenig nervös an ihrem weißen Blazer. Die 26-Jährige ist es nicht gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen. Denn im Hotel „Bartmann‘s Haus“ sieht sie sich selbst als eine von vielen Mitarbeitern. Dort arbeitet die junge Frau mit Down-Syndrom seit vier Jahren. Ein Gewinn für alle Beteiligten. Davon hat sich am Montag auch Landrat Wolfgang Schuster ein Bild gemacht.

Der SPD-Politiker ist Schirmherr der Betriebsintegrierten Beschäftigung (BiB) der Lebenshilfe Dillenburg. Diese hat es sich zum Ziel gemacht, Menschen mit Behinderungen in Betriebe des ersten Arbeitsmarkts zu vermitteln. Lena Nasartschuk ist eine von zurzeit 41 Mitarbeitern der Lebenshilfe-Werkstätten, die einen solchen Außenarbeitsplatz gefunden hat. Alles begann zunächst mit einem Praktikum in dem mit 26 Zimmern ausgestatteten Hotel. „Diese Zeit war so bereichernd für alle Seiten, dass wir schnell das Gefühl hatten: Das ist mehr als nur ein normales Praktikum“, erinnert sich Hotelchefin Bärbel Deboree-Schech. „Sie ist uns so schnell ans Herz gewachsen, dass wir uns damals bereits dachten: Das kriegen wir hin, wenn sie das will.“

Das Miteinander bringt den Erfolg: (v.v.l.) Bärbel Deboree-Schech, Lena Nasartschuk, Wolfgang Schuster, Johanna Arnold, (h.v.l.) Ralf Dörr und Lars Lückoff. (Foto: Schneider)

Lena Nasartschuk wollte. Zunächst wurde das Praktikum verlängert, danach wurde sie offiziell Mitarbeiterin des Hotelteams. Auf Basis einer Betriebsintegrierten Beschäftigung, was bedeutet, dass die junge Frau weiterhin ihren Status als Werkstatt-Mitarbeiterin behält, aber in ihrem Arbeitsalltag komplett in die Abläufe des Betriebs  eingebunden ist. So hat sie gleich zwei enge und konstante Ansprechpartner: Bärbel Deboree-Schech von Seiten des Betriebs und Johanna Arnold als Betreuung von Seiten der Lebenshilfe. „Das ist eine Absicherung für Lena und funktioniert sehr gut“, betont die Hotelleiterin.

Lena Nasartschuks Arbeitsalltag beginnt morgens um kurz nach sieben und endet um kurz nach 14 Uhr. An den Wochenenden hat sie frei. Ein klarer Rhythmus, der sich bewährt hat, wie ihre Chefin sagt. Spülmaschine füllen und ausräumen, Geschirr abräumen, Tische neu decken, Obst schneiden, manchmal auch um die Wäsche kümmern. Egal welche Aufgaben sie erfüllt: „Sie tut es mit großer Gewissenhaftigkeit“, bescheinigt ihr Bärbel Deboree-Schech. „Lena ist ein extrem ordnungsliebender Mensch und absolut verlässlich.“ Als Hilfestellung hatte das Team zunächst Fotokärtchen mit den einzelnen Arbeitsbereichen für die Mitarbeiterin mit Down-Syndrom angefertigt. Heute leitet sie Praktikanten auf diese Weise an. „Lena ist jetzt nach den vier Jahren bei uns eine vollwertige Kollegin“, betont Ralf Dörr, Inhaber des Restaurants „Bartmann’s Haus“. „Ein gewisses Engagement ist von allen Seiten nötig, aber die Anstellung von Lena ist in keiner Weise eine Belastung für uns.“  Nicht nur die anderen Mitarbeiter im Hotel, sondern auch die Gäste sind begeistert von ihr: „Wir bekommen nur positive Rückmeldungen“, erzählt Bärbel Deboree-Schech.

„Hier haben sich zwei gesucht und gefunden: Lena und das Hotel ,Bartmann’s Haus‘“, fasst der Landrat zusammen. „Es ist wichtig, dass sich Betriebe finden, die Menschen wie Lena eine Chance geben. Wenn es nicht klappt, klappt es nicht, aber man muss es doch zumindest versuchen.“  Lars Lückoff, Leiter der Werkstatt am Standort Dillenburg, sieht in den BiB-Plätzen eine große Chance: „Begegnungen zu schaffen und damit Berührungsängste abzubauen. Das passiert auf diesen Außenarbeitsplätzen ganz selbstverständlich.“