„Wir brauchen in Hessen solche Einrichtungen“

Ein hartes Stück Arbeit, aber eines, das sich gelohnt hat: Insgesamt 2007 Tage liegen zwischen dem Antrag auf Platzzahlerweiterung beim Hessischen Landeswohlfahrtsverband (LWV) am 12. Januar 2012 und der Inbetriebnahme am 7. Juli dieses Jahres. Nun wurde am Dienstagvormittag das neue stationäre Wohnheim der Lebenshilfe Dillenburg im Haigerer „Erlach“ offiziell eingeweiht – mit einer Feierstunde und rund 200 Gästen.

„Dass Sie so zahlreich erschienen sind, sehen wir als Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung unseres Vereins in der Region“, betonte Lebenshilfe-Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Raab zu Beginn der Veranstaltung  und dankte den vielen „klugen Köpfen und fleißigen Händen“, die es brauchte, um das dringend notwendige Projekt umzusetzen.

Am 7. März 2013 kaufte die Lebenshilfe Dillenburg das Grundstück im „Erlach“. Unternehmer Friedhelm Loh hatte den Verein damals nach monatelanger erfolgloser Standortsuche maßgeblich unterstützt.  Am 15. September 2015 begannen die Bauarbeiten. Knapp zwei Jahre später konnten die Bewohner schließlich einziehen. „Viel später als ursprünglich geplant“, wie Raab anmerkte. „Aber heute wollen wir uns einfach freuen, dass das Projekt jetzt endlich realisiert ist und unsere Betreuten ein neues Zuhause haben, in dem sie sich wohlfühlen.“

Orientierung am jeweiligen Bedarf

20 Dauer- und drei Kurzzeitplätze bietet das neue Wohnheim. Der Schwerpunkt: die Betreuung von Menschen mit herausforderndem Verhalten. Die Zimmer sind alle mit eigenem Bad ausgestattet, die Räume hell, der Außenbereich großzügig, die fußläufige Entfernung zum Haigerer Stadtkern gering. Darüber hinaus ist in das Gebäude eine Tagesstruktur mit 15 Plätzen integriert. „Ein sehr gelungenes Objekt“, lobte LWV-Landesdirektor Uwe Brückmann, der ebenso wie die anderen Besucher die Gelegenheit zu einer Führung durch die neuen Räumlichkeiten genutzt hatte. „Wir brauchen in Hessen solche Einrichtungen.“ Zwar sei es Ziel, so viele Menschen mit Behinderungen in die weitgehend selbstständige Wohnform des Betreuten Wohnens zu bringen, doch dürfe man dabei nicht vergessen, sich an dem jeweiligen Bedarf zu orientieren. „Wenn es nicht geht, müssen eben weitere Angebote geschaffen werden. Es war die richtige Entscheidung, Sie bei diesem Projekt zu unterstützen.“  Die Kosten des Baus belaufen sich ohne Ausstattung auf insgesamt 4,3 Millionen Euro. Der LWV bezuschusste das Vorhaben mit 635.000 Euro, 781.000 Euro kamen vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration hinzu, 110.000 Euro gab es von Seiten der Aktion Mensch. Die Lebenshilfe Dillenburg hatte einen Eigenanteil von rund 860.000 Euro zu stemmen, der Rest wurde über ein Darlehen finanziert.

Die neue Einrichtung in Haiger ist das fünfte stationäre Wohnheim der Lebenshilfe Dillenburg. Vor 52 Jahren wurde der Verein als Selbsthilfeorganisation von Eltern und Angehörigen gegründet. „Dieses Grundprinzip hat die Lebenshilfe Dillenburg niemals aus den Augen verloren“, lobte Heinz Schreiber, Erster Beigeordneter des Lahn-Dill-Kreises. „Die Teilhabe der Eltern spielt nach wie vor eine große Rolle, das macht den Verein so stark.“

„Ein Zeichen des guten und harmonischen Miteinanders“

Stark machen die Lebenshilfe auch ihre guten Kooperationspartner – wie etwa die Stadt Haiger. Zwei Werkstätten sowie die Wohnbereichsleitung  und der Familienentlastende Dienst sind bereits an diesem Standort angesiedelt. Darüber hinaus sind Mitarbeiter der Reha-Werkstatt in der Haigerer Stadtbücherei beschäftigt, Schüler der Haigerer Johann-Textor-Schule besuchen wöchentlich im Zuge eines Wahlpflichtfachs die Mitarbeiter ebendieser Werkstatt. Die Johann-Textor-Schule war es auch, die zur offiziellen Eröffnung des neuen Wohnheims die musikalische Untermalung beisteuerte. All dies ein Zeichen des „guten und harmonischen Miteinanders“, wie Haigers Bürgermeister Mario Schramm zusammenfasste.

Das Miteinander innerhalb des neuen Wohnheims gefällt auch Ruth Hörner, die dort ein neues Zuhause gefunden hat. Und nicht nur das: „Das Schönste ist, dass ich im neuen Wohnheim Freunde gefunden habe. Drei Stück. Mindestens.“  Lütfü Bülbül vom Lebenshilfe-Wohnbeirat dankte in seiner Ansprache allen, die „geholfen haben, dass es so schön geworden ist“.