Wohnheim-Situation stabilisiert sich

Nach sehr bewegten und herausfordernden Wochen stabilisiert sich die Situation im Lebenshilfe-Wohnheim in Niederscheld allmählich. Zehn Menschen mit Behinderungen und 16 Mitarbeiter dieser Einrichtung waren positiv auf Covid-19 getestet worden.

Fünf Bewohner aus Niederscheld mussten in dieser Zeit stationär behandelt werden. Drei von ihnen – alle mit schwerwiegenden Vorerkrankungen – verstarben. Zwei der Verstorbenen waren positiv getestet worden, bei einem war die Testung negativ.

Nachdem eine Bewohnerin der Einrichtung am 21. März Erkältungssymptome gezeigt hatte, veranlasste das Wohnheim aufgrund ihrer Vorerkrankungen nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eine Einweisung ins Krankenhaus, wo sie positiv auf Covid-19 getestet wurde.

Mit Beginn der ersten Symptome verschärfte das Wohnheim die Sicherheitsmaßnahmen, die Betreuungsarbeit in der Einrichtung erfolgte fortan mit Schutzkleidung.  Die Bewohner wurden isoliert, sofern dies möglich war. „Aufgrund ihrer geistigen Behinderung ist vielen unserer Klienten die Tragweite des Infektionsrisikos nicht bewusst“, erläutert Lebenshilfe-Vorstand Dr. Oliver Schmitzer. „Dadurch fällt es ihnen natürlich schwer, Verständnis für die Notwendigkeit der Quarantäne zu entwickeln.“

Nach der Positivtestung stimmte die Lebenshilfe mit dem Gesundheitsamt weitere Maßnahmen ab – etwa die Errichtung einer Schleuse, ab der die Mitarbeiter die Schutzkleidung – bestehend aus Schutzkittel, Schutzbrille und einer FFP2-Maske – anlegen bzw. nach der Arbeit wieder ablegen müssen.

20 Mitarbeiter und zehn Bewohner wurden auf Bestimmung des Gesundheitsamts hin innerhalb der beiden Wochen nach Beginn der ersten Symptome auf das Virus getestet. „Insgesamt haben wir in kurzer Zeit knapp 90 Prozent des Stammteams in Niederscheld aufgrund von Symptomatik oder positiver Testung in die Quarantäne verloren und es innerhalb weniger Tage geschafft, die Betreuung durch Mitarbeiter aus allen anderen Bereichen der Lebenshilfe aufrechtzuerhalten“, berichtet Schmitzer.

Fünf Mitarbeiter des Stammteams Niederscheld sind mittlerweile aus der Quarantäne zurückgekehrt. Bedingungen für eine Rückkehr sind neben einer zweiwöchigen Quarantäne eine 48-stündige Symptomfreiheit sowie eine Negativtestung. Die erkrankten Bewohner sind vergangenen Freitag nachgetestet worden, dort liegen noch keine Ergebnisse vor.

Seit Inkrafttreten der maximalen Sicherheitsmaßnahmen hat es keine Neuinfektionen gegeben. In den anderen Wohnheimen der Lebenshilfe Dillenburg gab es keine Testungen, jedoch kann dies dort in begründeten Verdachtsfällen schnell umgesetzt werden. Die Isolation der Bewohner in den Wohneinrichtungen besteht nach wie vor, gemäß der Verordnung des Landes Hessen bleiben die Wohnheime bis zum 3. Mai geschlossen.

Die Werkstätten der Lebenshilfe Dillenburg bleiben bis zum 6. Mai geschlossen. Die Produktion erfolgt zurzeit in reduziertem Umfang durch die hauptamtlichen Mitarbeiter. „Die meisten Firmen sind sehr entgegenkommend und helfen uns, diese schwierige Phase zu überbrücken – sei es etwa durch eine zeitliche Verschiebung der Aufträge oder einen Aufbau von Pufferbeständen“, erklärt Werkstattbereichsleiter Ralf Turk. Ebenfalls bis zum 6. Mai ausgesetzt sind die Angebote der Integrativen Kindertagesstätte – mit Ausnahme der Notbetreuung von Kindern systemrelevanter Eltern -, der Interdisziplinären Frühförderstelle und des Familienentlastenden Diensts.

Insgesamt erlebt die Lebenshilfe Dillenburg in dieser Zeit ein hohes Maß an Solidarität und Hilfsbereitschaft. So haben bereits einige regionale Alleinunterhalter unentgeltlich vor dem Wohnheim in Niederscheld musiziert und für sehr viel Freude gesorgt. Darüber hinaus erhielt die Organisation für ihre Einrichtungen 20 Corona-Schutzvisiere, die ein junger Mann aus Beilstein mit seinem 3D-Drucker erstellt hatte. Mitarbeiter der Werkstatt Dillenburg haben zudem eine Aktion ins Leben gerufen, die die Wohnheime der Lebenshilfe in regelmäßigen Abständen mit Leckereien wie Waffeln versorgen soll.  „Wir sind sehr dankbar für die Anteilnahme, die wir erfahren dürfen und die sich in so vielen kreativen Aktionen zeigt“, betont Schmitzer. Insbesondere das Engagement der Mitarbeiterschaft sei bemerkenswert gewesen, hebt Wohnbereichsleiterin Tanja Rockensüß hervor: „Wir haben alle das Ziel, die uns anvertrauten Menschen mit all dem, was wir tun und können, durch die Krise zu begleiten. Ich bin froh darüber zu erleben, wie gut Zusammenarbeit funktioniert und wie groß die Bereitschaft ist, auf vielfältige Weise zu unterstützen.“